Nicht nur die Sprache beim Fußball hat sich verändert!

Die „Kette“ hat längst den Mittelläufer wie den Verteidiger „alter Schule“ abgelöst!

Erklärungsversuch von FSV-Pressewart Franz Holzmeier zu Deutschlands „liebstem Kind!“

Franz Beckenbauer hat einst als Bundestrainer einem Reporter auf die Frage, mit welcher Taktik er sein Team spielen lassen will in seiner salopp bekannten Art erklärt: „Egal ob wir statt mit einem Libero, mit Viererkette oder mit Halskette spielen, die Aufgabe bleibt immer die Gleiche“, wir müssen verhindern, dass der Gegner ein Tor schießt!“

Damit wäre bereits erklärt, dass sich zwar die Sprache des Fußballs an sich verändert hat, aber das Ziel, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner, um das Spiel zu gewinnen, gleich geblieben ist! Verfolgt man in der heutigen Zeit die taktischen Einstellungen der Trainer vor dem Spiel, oder die Anweisungen und Anforderungen an ihre Akteure während der Partie und vergleicht sie mit denen, die noch vor drei oder vier Jahrzehnten üblich waren, so wird deutlich, wie sehr sich die Fußball-Sprache, und das unabhängig von Profis oder Amateuren inzwischen verändert hat!

Der Torhüter, der nichts mit dem Ball am Fuß anzufangen weiß, gehört längst der Vergangenheit an, denn durch die Einführung der „Rückpassregel“, die es ihm verbietet den vom Mitspieler absichtlich per Fuß zugespielten Rückpass mit den Händen aufzunehmen, wurde er indirekt zum Spiel mit dem Ball am Fuß gezwungen!

Die Außenverteidiger, die einst nur die Aufgabe hatten, ihre Gegenspieler zu bewachen und zu bekämpfen, sind längst fußballerisch im Stande, um sich, wann immer sich die Gelegenheit dazu ergibt, ins Offensivspiel einzuschalten, um so für ein gewisses Überraschungsmoment zu sorgen, womit der offensive Außenverteidiger umschrieben wäre.

Die Rolle des Liberos als Chef im Abwehrzentrum, wie ihn einst Franz Beckenbauer in Perfektion beherrschte, haben weitestgehend die „Sechser“ vor der „Kette“ im engen Zusammenspiel mit den beiden Innenverteidigern übernommen, wodurch auch die Bezeichnung „Vorstopper“ aus dem Vokabular der Trainer und Spieler gestrichen wurde, wie dies einst beim FC Bayern ein „Katsche“ Schwarzenbeck verkörperte.

Doch weder die „Kette“ noch die „Sechser“ haben nur Defensiv-Aufgaben zu verrichten, denn sie sind die Haupt-Akteure, wenn es darum geht, das Spiel aus der eigenen Hälfte zu eröffnen, woraus sich wiederum, gegenüber dem „Vorstopper“ oder „Ausputzer“ von früher, ein stark verändertes Anforderungsprofil für sie ergibt.

Auch der klassische „10-ner“, eine Rolle in der einst die Nationalspieler Günter Netzer (Gladbach) oder Wolfgang Overath (1.FC Köln) als alleinige Spielgestalter ohne Defensivpflichten glänzten, gehört der Vergangenheit an, denn egal ob ein Team im 4-2-3-1-System, im 4-1-3-2-System, oder im 4-3-3-System antritt, den einen, nur für die Offensive zuständigen Mittelfeldspieler kann sich, allenfalls noch Argentinien mit Lionel Messi leisten, der allerdings seinem Team diese „Freiheiten“ reichlich mit Vorlagen und Toren „zurückzahlt!“

Die Außenstürmer, wie sie im einstigen „WM-System“ links und rechts auf den Flügeln beheimatet waren, kommen zumindest beim 4-2-3-1-System aus dem Mittelfeld, wo sie aus ihren Positionen heraus zwar vorrangig ihren Ziel-Spieler im Sturm-Zentrum mit Flanken und Eingaben versorgen, aber bei Ballbesitz des Gegners auch umgehend zur Stabilität des Mittelfeldes beizutragen haben.

Für zusätzliche Torgefahr sorgen beidfüßig befähigte Außenbahnspieler, wie etwa Matthias Reichl vom FSV, weil sie mit kurzen Hacken ihren Abwehrspieler „ins Leere schicken“, und sich so frei Schussbahn auf das Tor verschaffen können.

Hier scheint es Matthias Reichl anzuzeigen, dass er beidfüßig für Torgefahr sorgen kann!

Der Mittelstürmer altbekannter Schule, der sich darauf beschränkt, im Strafraum auf Zuspiele seiner Mitspieler zu warten, bekäme zur heutigen Zeit wesentlich weniger Gelegenheit, um zum Torerfolg zu kommen.

Der enorme Bewegungs-Radius von Anton Metzner (zur WP mit 18 Toren in der Bezirksliga West führender Torschütze) zwischen Mittellinie und gegnerischem Gehäuse belegt, wie frühzeitig sich eine Sturmspitze der heutigen Zeit ins Offensivspiel seines Teams miteinbringen muss, um am Ende des Angriffs, dennoch dort zu stehen, wo ein Stürmer zu stehen hat, um „ins Schwarze zu treffen!“

Bliebe noch die Rolle des Einwechselspielers zu erklären, denn die Ein/Auswechslung ist erst seit 1967 möglich, und kann als eine der sinnvollsten Änderungen seit Jahrzehnten bezeichnet werden. Konnten zunächst zwei, und später drei Spielerwechsel vorgenommen werden, so sind aufgrund der Corona-Pandemie aktuell sogar bis zu fünf Wechsel möglich. Vorrang waren die Einwechslungen zwar bei Verletzung eines Spielers gedacht, aber längst werden sie aus taktischen Gründen zur Beeinflussung des Spielgeschehens angewandt. So wechseln Trainer deren Team in Führung liegt, eher zusätzliche Defensiv-Akteure ein, während bei Rückständen weitere Offensivkräfte gefragt sind.

Im Spiel führende Teams nutzen jedoch die Wechsel-Möglichkeit in den letzten Minuten der Partie eher dazu, um den zu erwartenden Ansturm und Spielfluss des Gegners zu unterbinden!

Generell ergibt sich durch die Einwechslungen, dass nicht mehr nur die „Start-Elf“ für Sieg oder Niederlage des Teams verantwortlich ist, und dadurch binnen 90 Minuten bis zu 16, statt der zuvor nur elf Akteure Spielpraxis sammeln können.
Medizinische Fachbegriffe, wie Adduktoren, Syndesmoseband, Achillessehne, oder gar der Sport-Mediziner waren zumindest den Amateur-Fußballern früherer Tage eher unbekannt, denn egal welchen Schmerz man verspürte, entweder das Eisspray des Betreuers, irgend eine Salbe oder Bandage schien immer wirksam zu sein. Um am Sonntag wieder spielen zu können, war man dabei nicht selten für das Training während der Woche entschuldigt!

Selbst der heutige Ergebnisdienst lässt sich nicht mehr mit der damaligen Zeit vergleichen, denn spätestens eine Stunde nach Spielende steht alles im „Netz“ und das ganze Land weiß, wie Verein „A“ gegen „B“ gespielt hat, während die Fußball-Anhänger vor Jahrzehnten noch sehnsüchtig auf die Montag-Ausgabe der Zeitung warten mussten, um darüber „im Bilde zu sein!“

Es sei denn man wählte als Vereins-Funktionär immer wieder die Telefonnummer des Spielleiters, um von ihm die übrigen Ergebnisse zu bekommen, damit man sie im Vereinsheim verkünden, und fieberhaft den eigenen Tabellenstand errechnen konnte!

Doch wenngleich Begriffe, wie schnelles Umschaltspiel, Restverteidigung, Balleroberung, Pressing, Gegen-Pressing, flache oder hohe Raute, Raumdeckung, enge Abstände der Ketten, passives Abseits, diagonale Spielverlagerung, oder die im Profi-Fußball eingeführte VAR-Entscheidung aus dem „Kölner-Keller“ längst auf und neben dem Platz Einzug in die Fußball-Sprache gefunden haben, am Grundsatz des Spiels: „Das Runde muss ins Eckige“, hat sich zum Glück nichts geändert!